Die Bandbreite an Faltbooten ist enorm – sie reicht von expeditionstauglichen Seekajaks mit hohem Gestängeanteil bis hin zu den extrem leicht zu handelnden Freizeit-Hybridkajaks. Hybrid meint: viel Luft, wenig Gestänge, was den Aufbau zum Kinderspiel macht. Zum Beispiel das nortik scubi 1: eine Kielstange und die Luftschläuche in die Bootshaut, danach vier Spanten und den Sitz, aufpumpen, das war’s. Zehn Minuten in etwa, mit etwas Übung auch weniger. Mühelos genug für die spontane Feierabendrunde auf dem Hausgewässer – und das auch dann, wenn man das Boot jedes Mal neu zusammensetzen und danach wieder zerlegen muss. Eine Tagestour geht mit dem scubi 1 auch, kein Problem, aber eine Expedition entlang der norwegischen Küste? Eher nicht.
Hybridboote: mehr Luft, weniger Mühe
Wobei man erwähnen muss: Das scubi 1 ist das kleinste Boot der Hybridflotte bei nortik. Da gibt es noch das scubi 1 XL, das auch größeren und schwereren Einzel-Paddlern Platz bietet. Außerdem das scubi 2, das zwei Personen aufnehmen kann, und das scubi 3 mit drei vollwertigen Sitzplätzen. Neuester Spross der Familie: das vielseitige scubi 2 XL, in das zwei Erwachsene mit Kind hinein passen, das man aber auch alleine paddeln kann. Der Clou an der von nortik entwickelten Hybridtechnologie ist die auf ein nötiges Minimum reduzierte Gestängestruktur, die dem Kajak im Wasser Tiefgang verleiht und so für Spurtreue und Leichtläufigkeit sorgt. Sprich, man kommt dahin, wo man hin möchte – und das auch bei auffrischendem Wind.
Alle scubis sind als Freizeitboote konzipiert. Vor allem die größeren Exemplare können aber durchaus im Einsatzbereich klassischer Tourenkajaks wildern. Zwei, drei Tage auf dem See oder dem Wanderfluss, der auch mal den einen oder anderen gemütlichen Schwall aufweisen kann – kein Problem, auch wenn die Bootshaut von Faltbooten kein Freund verblockter Stellen mit scharfkantigen Steinen ist. Aber welches Nicht-PE-Boot ist das schon? Und der Aufbau geht auch bei den größeren Modellen so leicht von der Hand wie beim scubi 1. Zwar gibt es dann ein paar Stangen und Spanten mehr, dafür sind die Luftschläuche bei den größeren scubis bereits Bestandteil der Bootshaut, so dass das Hineinfädeln entfällt.
Leichter Aufbau, kleines Packmaß, gutmütiges Fahrverhalten, so gut wie unsinkbar – die wichtigsten Vorteile der Hybridboote. Ein paar Abstriche machen muss man im Vergleich zu den Faltbooten mit höherem Gestängeanteil natürlich schon – und das vor allem beim Tempo und der Präzision des Fahrverhaltens.
Die klassischen Faltkajaks: mehr Gerippe, mehr Steifigkeit
Als Faustregel kann gelten: Je steifer ein Boot bei gleichem Grundriss ist, desto leichtläufiger ist es, je fester, desto schneller und besser im Geradeauslauf. Punktsieg für die Festboote? Jein. Denn zum einen ist eine leichte Flexibilität des Bootskörpers bei Wellengang durchaus willkommen, da der dann die Bewegungen des Wassers etwas mitmachen kann. Und zum anderen punkten Faltboote dadurch, dass sie durch die seitlichen Luftschläuche tendenziell kippstabiler und so gut wie unsinkbar sind.
Viele klassische Faltkajaks verfügen über so viel Gestänge und so wenig Luft, dass sie der Steifigkeit eines Festboots so nahe kommen wie möglich. Packmaß und Gewicht sind natürlich dementsprechend größer, das Gebastel beim Aufbau aufwändiger – für eine zweistündige Runde über den Hausteich dürfte kaum jemand ein solches Boot eigens zusammensetzen. Dafür sind sie aber auch nicht gemacht.
Schon äußerlich ähneln die klassischen Faltboote viel eher den Touren- und Seekajaks aus dem Festbootbereich. Und ähnlich wie bei ihren Festboot-Verwandten muss man sich vor dem Kauf überlegen, wo und wie man paddeln will. Ob es ein über fünf Meer langes, schlankes Seekajak für großflächige Gewässer sein soll, das seinen Besitzer auch nahe der Meeresküste und auf dem offenen Meer sicher, schnurgerade und schnell ans nächste Ziel bringt. Das ihm genug Platz für wahres Expeditionsgepäck bietet. Und für das ein See oder ein ausreichend breiter Wanderfluss schon gar keine Herausforderungen sind. Oder eben ein Tourenkajak aus der Vier- bis Fünf-Meter-Liga, das wie seine Festboot-Vettern dafür geschaffen ist, bis zu ein paar Tagen mit Zelt und Zahnbürste auf Flüssen oder Seen unterwegs zu sein. Das nicht so schnell ist wie die Fünf-Meter-Geschosse, dafür aber in der Regel wendiger und geeigneter für einen mäandernden Kleinfluss.
Falt-Canadier
Auch Stechpaddler können auf eine umfangreiche Produktpalette an Faltbooten zurückgreifen. Die als Expeditionsboote entwickelten PakCanoes von Pakboats seien hier genannt, ebenso das Triton advanced Canoe, die Umiak-Reihe von Nautiraid und die Canadier von Ally. Alle genannten Modelle verfügen über einen relativ hohen Gestängeanteil und über viel Steifigkeit – was wiederum für einen vergleichsweise hohen Aufwand beim Aufbau sorgt, ebenso wie bei den klassischen Faltkajaks.
FAZIT
Wenn Sie in in einer Großstadt-Wohnung leben, einen Kellerverschlag von der Größe einer Schuhschachtel und einen Fiat Panda als Auto haben, können Sie trotzdem ein vollwertiger Paddler sein. Vom mäandernden Wanderfluss bis zum offenen Meer – Faltboote gibt es heutzutage für so gut wie jeden Einsatzbereich. Nur das wirklich schwere Wildwasser gehört nach wie vor den PE-Booten allein (Ausnahmen bestätigen die Regel: Mit dem Hype hat Grabner ein Luftboot fürs Wildwasser herausgebracht, siehe aktuelles KANU Magazin). Und keine Bange: Auch der Zusammenbau der Boote mit hohem Gestängeanteil ist alles andere als ein Hexenwerk – besonders dann, wenn man nach einigen »Durchgängen« etwas Übung hat.
Die komplette »Kaufberatung Faltboote« und 22 Exemplare im Einzelportrait finden Sie im aktuellen KANU Magazin 5/2020 – derzeit im Handel und natürlich auch hier zu haben (im Print und als E-Paper): https://shop.primaneo.de/kanu-magazin/einzelhefte/?p=1