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Erfolge plus. Mittel minus

Dem deutschen Kanusport drohen trotz jüngster internationaler Erfolge Mittelkürzungen. Beim DKV und seinen Sportlern zeigt man sich alarmiert. 

Henning Schoon/DKV

Bei der vom 22. bis 27. August in Duisburg durchgeführten WM im Kanu- und Parakanu-Rennsport belegte der Deutsche Kanu-Verband (DKV) mit 14 Medaillen (3 x Gold, 5 x Silber, 6 x Bronze) den ersten Platz im Gesamtmedaillenspiegel und erreichte mit Blick auf die Olympischen Spiele 17 von möglichen 18 Quotenplätze für Paris. Im olympischen Bereich konnten in 50 Prozent der Wettbewerbe mit 2 Gold- und 3 Bronzemedaillen fünf Medaillen erzielt werden. Eine Erfolgskonstanz die der DKV seit der Wiedervereinigung mit 67 Olympiamedaillen (davon 32 Goldmedaillen) in 52 Prozent der möglichen Medaillenwettbewerbe immer wieder unter Beweis stellt. Und auch die Leistungs- und Nachwuchs-Teams des DKV im Kanupolo holten bei den Europameisterschaften am vergangenen Wochenende vier von vier möglichen Medaillen.

Finanzierung ungewiss
Doch der Kanusport, der mit seinen olympischen Sportarten Kanu-Rennsport und Kanu-Slalom seit 1992 zu den erfolgreichsten deutschen Sommersportarten zählt und mit der Sportart Kanu-Polo, seitdem diese 2005 erstmals im Programm der World Games war, immer mindestens eine von zwei möglichen Medaillen gewonnen hat, muss um seine Bundesfinanzierung zittern. 
Alle drei Sportarten gehören zu den bundesgeförderten Sportarten im DOSB. Und alle drei Sportarten müssen mit finanziellen Einschränkungen rechnen, wenn die gerade in der Verhandlung stehenden Bundesmittel zur Förderung des Sports am Ende wirklich um 30 Millionen Euro gekürzt werden. All dies stimmt auch DKV-Präsident Jens Perlwitz besorgt: »Ein absolutes Desaster für unseren Kanu-Sport ist die beabsichtigte Mittelkürzung von 4 Millionen bei den Instituten IAT und FES. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit unserer Trainer mit diesen Instituten ist ein Garant für unsere Medaillengewinne bei den olympischen Spielen. Um im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig zu bleiben darf es keine Mittelkürzungen geben!«
 
Chancengleichheit gefährdet
Dass gerade im Kanusport im Bereich Forschung beim IAT und FES drastisch gespart werden soll, lässt den Verbandschef Dr. Jens Kahl skeptisch in die Zukunft blicken. Die Ergebnisse beider Institute sind wesentliche Stützen des immer wiederkehrenden internationalen Erfolges deutscher Kanutinnen und Kanuten. »Man sollte nicht so naiv sein und denken, dass bei zunehmend in der Weltspitze enger ausfallenden Entscheidungen, bei denen eine 1/100 Sekunde über Medaille oder keine Medaille entscheidet, der internationale Sport inzwischen manipulationsfrei ist. Um diesen unerlaubten Vorteil der internationalen Konkurrenz zu egalisieren, benötigen wir ein auf wissenschaftlicher Basis effektiveres Training und bessere Sportgeräte«, sagt Sportdirektor Dr. Jens Kahl.  
Auch in der seit 2016 bei den paralympischen Spielen vertretenden jungen Sportart Parakanu benötigt man das Know-how der beiden Institute, um erfolgreich zu sein. Die wissenschaftliche Unterstützung des IAT und die »maßgeschneiderten« Boote der FES haben einen großen Anteil an den in Rio und Tokio errungenen 4 paralympischen Medaillen. 
Ohne die finanzielle Förderung der Sportarten Kanu-Rennsport, Kanu-Slalom, aber auch Kanu-Polo und Parakanu und ohne die Begleitung durch Wissenschaft und Forschung kann es dazu kommen, dass bereits in Paris 2024 oder bei den World Games 2025 im chinesischen Chengdu Sportlerinnen und Sportler anderer Nationen auf den Medaillenplätzen zu finden sein werden.  

Enttäuschte Athleten

Die betroffenen Athletinnen und Athleten verstehen die Sportwelt nicht mehr. So äußert sich Ronald Rauhe, zweimaliger Olympiasieger und 16facher Weltmeister sehr deutlich zu den Kürzungsabsichten: »Kürzungen ausgerechnet dort, wo noch für Medaillen-Garanten gesorgt wird, das macht mich wütend. Ich habe schon wieder das Gefühl, dass das, was ich mache, keinen Wert hat.«
Daher ist die Forderung der Verbands- und der Sportführung des DKV an die Politik, von der Kürzung jeglicher Sportfördergelder nicht nur im eigenen Interesse abzusehen. Die positive Signalwirkung der »Sporthelden« sei insbesondere in der heutigen Zeit von enormer Wichtigkeit für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Wolle die deutsche Politik auch in Zukunft auf internationale Sportereignisse zurückblicken, bei denen deutsche Sportlerinnen und Sportler zu den Medaillentragenden zählen, benötige der Sport auch weiterhin nicht nur die bisherige, sondern im Grunde eine deutlich verbesserte finanzielle Unterstützung. 

Weitere Infos: www.kanu.de

DKV-Präsident Jens Perlwitz: »Desaster für unseren Kanu-Sport.« Foto: Oliver Strubel/DKV