Allgemein Ausrüstung Vergleichstests

Ein (un)gleiches Paar

Zwei Allround-Kajaks: Das eine basiert auf dem anderen. Die Fahreigenschaften ähneln sich. Doch wer sich zwischen den Prijon-Modellen Dayliner und Narva entscheiden muss, steht vor der Wahl zwischen Unzerstörbarkeit und Leichtigkeit.

Thomas Mattner

Wer die beiden Kajaks nebeneinander liegen sieht, kommt zunächst nicht auf die Idee, dass es sich um ein Geschwisterpaar handelt. Oder, besser gesagt, um Vater und Sohn, Vor- und Nachfahr. Und doch ist es so, denn bei der Entstehung des Narva stand der ältere Dayliner Pate. Und so kommt der erste Eindruck auch rüber: Der Dayliner ein klassisches Tourenkajak aus HTP, zu haben in den wenig extravaganten Farben rot, blau und gelb. Schlank und rank, aber ansonsten eher unauffällig. Daneben der Narva, der jüngere Zeitgenosse, schon auf den ersten Blick ein sportlicher Flitzer in orange- oder grün-metallic und somit etwas auffälliger gewandet.

Narva


Aber, wie gesagt, der Dayliner war zuerst da. Zu haben ist dieses Bootsmodell in den Größen S (Länge 387 Zentimeter, Paddlergewicht 50 bis 70 Kilogramm) und L (Länge 423 Zentimeter, Paddlergewicht 60 bis 105 Kilogramm). In beiden Fällen flexibel einsetzbare Allrounder für Wanderflüsse und Seen, sichere Gefährte für Einsteiger und auch für Fortgeschrittene eine lange währende Freude.

Dayliner


Mit den gleichen Grundgedanken, angespornt durch die Verkaufserfolge beim Bestseller Dayliner, wollten die Bootsbauer bei Prijon im Jahr 2018 ein neues Boot schaffen – in der Größe zwischen den beiden Dayliner-Varianten gelegen, geeignet für mittelgroße, mittelschwere Paddler. Aber nicht nur das: Ziel der Rosenheimer Tüftler war auch ein deutlich leichteres Boot. Eines, das auch betagtere oder weniger kräftige Paddler mühelos handeln können und leidensfrei aufs Autodach bekommen. Und so griffen die Tüftler in Rosenheim zum ABS-Material, bei Prijon PriLite genannt. Das Ergebnis: 19 Kilogramm Gewicht – und das bei einer Länge von 407 Zentimetern. Im Vergleich zum Dayliner L immerhin eine Gewichtseinsparung von sechs Kilogramm. Und da man schon bei einer gemütlichen Tagestour ein paar Tausend Paddelschläge tut, erspart man seinen Muskeln jedesmal ein paar Tonnen Arbeit.
Doch die Gewichtseinsparung hat natürlich ihren Preis. Erkauft wird sie mit weniger Robustheit. Wer mit dem Dayliner-HTP über scharfkantige Steine kratzt, dem kann das völlig

Gemeinsamkeiten

Trotz unterschiedlichem Äußeren, trotz unterschiedlichem Material haben die beiden Boote eine Menge gemeinsam. Hauptursache dafür sind Ähnlichkeiten in der Rumpfform: Narva und Dayliner verfügen über ausgeprägte Kanten im Unterschiff und einen ausgeprägten Kiel, vor allem in Bug und Heck. Im Sitzbereich, der sich leicht hinter der Mitte befindet, weisen beide eine relativ breite Basis auf. Davor befindet sich ein relativ lang gezogener, schlanker, spitz zulaufender Bug. Die Resultate bei beiden Kajaks: ein Top-Geradeauslauf, ein flottes, müheloses Tempo (mit ein paar Pluspunkten für den Narva aufgrund des geringeren Gewichts), genug Agilität und Wendigkeit auch für etwas schmalere Wanderflüsse und eine hohe Anfangsstabilität, die auch Einsteigern das Einsteigen erleichtert und ihnen schnell ein sicheres Gefühl gibt.


Beiden Booten gemeinsam ist übrigens auch das Fehlen einer Tagesluke. Ein Nachteil, weil diese Mini-Laderäume praktisch sind für all den Krimskrams, den man unterwegs schnell greifbar haben möchte. Ein Vorteil, weil sich ihr Fehlen günstig auf den Preis auswirkt. Und wer die Tagesluke schmerzlich vermisst, kann sie durch die optionale Top-Box ersetzen, die simpel und einfach mit der Gepäckspinne vor dem Cockpit befestigt wird (Kostenpunkt 62,- Euro, Befestigungs-Set für andere Boote 19,- Euro).

Unterschiede

Doch auch wenn beide Boote auf dem gleichen Grundgedanken beruhen, gibt es natürlich Unterschiede. Der Narva weist einen um eine Spur stärkeren Kielsprung auf als der Dayliner, was ihn noch um eine Nuance kurvenfreudiger macht. Vor allem aber wird die Gewichtsersparnis beim Narva nicht nur durch das Material erreicht, sondern auch durch eine etwas reduzierte Ausstattung. So verfügt er nur über einen abgeschotteten Laderaum im Heck, im Gegensatz zum Dayliner mit seinen zwei wasserdichten Kofferräumen vorne und hinten.

Trotzdem: Mit seinen 93 Litern Ladekapazität liegt auch mit dem Narva eine Wochenendtour im Bereich des Möglichen – zumal man weniger wasserscheue Gepäckstücke ja auch mal in den Fußraum stopfen kann. Und schließlich verfügt auch das Narva über eine solide Tourenkajak-Grundausstattung, mit der komfortablen Prijon-Tour-Sitzanlage mit verstellbarer Rückenlehne, einstellbaren Fußstützen und Steuervorbereitung.
Weitere Unterschiede in Sachen Ausstattung: Die Schenkelstützen sind beim Narva fix und nicht einstellbar. Und das Cockpit ist mit 88 Zentimetern (Dayliner 92 Zentimeter) nicht gerade ein Scheunentor. Normal geformte Paddler dürften kein Problem haben, sich hier hineinzuknoten, übergewichtige, hüftsteife oder extrem langbeinige Zeitgenossen vielleicht schon. Vielleicht ein bisschen verwunderlich, wenn man bedenkt, dass das Narva ja auch älteren Zeitgenossen das Leben erleichtern soll. Aber wir haben es hier eben mit einem sportlichen Tourenkajak zu tun, nicht mit einer Freizeit-Nussschale. Mit einem Sportgerät, nicht mit einem schwimmenden Sessel.
Last but not least, was die Unterschiede zwischen den beiden Booten betrifft: das liebe Geld. Der Dayliner ist schon für 1165,- Euro zu haben. Beim Kauf eines Narva schrumpft das Konto dagegen um 1899,- Euro. Mehr Leichtigkeit gibt’s nicht für lau, das ist eine Grundregel beim Kajakkauf.

Fazit: Dayliner und Narva – zwei waschechte Allrounder mit ähnlichen Fahreigenschaften und ähnlichem Einsatzrevier auf Flüssen und Seen. Flott und spurtreu, wendig genug auch dann, wenn der Wanderfluss mal engere Kurven einschlägt. Wer sich zwischen den beiden Modellen entscheiden muss, hat die Qual der Wahl – zwischen sorgloser Unkaputtbarkeit auf der einen, strapazenfreier Leichtigkeit auf der anderen Seite.

Technische Daten\
Prijon Prilite Narva

Material: PriLite
Länge: 407 cm
Breite: 62 cm
Gewicht: 19 kg
Volumen: 380 l
Zuladung: 115 kg
Cockpit: 88 cm
Stauraum hinten: 93 l
Paddlergewicht: 60-105 kg
Farben: grün-metallic, orange-metallic
Preis: 1899,- Euro
Infos: www.prijon.com

Technische Daten\
Prijon Dayliner L

Material: HTP
Länge: 423 cm
Breite: 64 cm
Gewicht: 25 kg
Volumen: 380 l
Zuladung: 120 kg
Cockpit: 92 cm
Stauraum hinten: 85 l
Stauraum vorn: 52 l
Paddlergewicht: 60-105 kg
Farben: rot, gelb, blau
Preis: 1165,- Euro
Infos: www.prijon.com