Ausrüstung Einzeltests

Ein wilder Fun-Faktor!

Mit dem ReactR ist Pyranha ein innovativer Wurf gelungen: eine gelungene Melange aus Creeker und Halfslice-Kajak mit neuartigem Bootsrumpf – und Spaßgarantie auf gemäßigtem und heftigem Wildwasser. Der britische Extrempaddler Hut Butterworth hat ihn für KANU getestet.

Amber Maslen (großes Bild)

Zum ersten Mal habe ich den ReactR auf der Paddle Sports Show 2023 in Straßburg gesehen – und war sofort Feuer und Flamme. Das erste, was mir auffiel, war das Design des Hecks. Ich war sehr gespannt darauf, wie es auf dem Wasser funktionieren würde, aber ich hätte mir nie vorstellen können, dass es meine Art des Kajakfahrens komplett verändern würde. In diesem Bericht werde ich einige der Konstruktionsmerkmale des Kajaks erläutern und sie mit meinen eigenen Erfahrungen bei der Verwendung auf einer Vielzahl von Flüssen verbinden.

Fun-Faktor

Nachdem ich sehnsüchtig darauf gewartet hatte, den ReactR in die Finger zu bekommen, konnte ich ihn zum ersten Mal im Val Sesia paddeln. Aufgrund des kalten Wetters gab es keine idealen Strömungsverhältnisse, also war der erste Fluss, auf dem ich es benutzte, die untere Sermenza mit niedrigem Wasserstand. Selbst auf dem leichten Wildwasser hat dieses Kajak von Anfang an Spaß gemacht! Für diejenigen, die es nicht wissen: Die Lower Sermenza ist eine Strecke der Klasse 3 bis 4 mit einigen netten Moves, darunter saubere Drei-bis-Vier-Fuß-Boofs und engere Stromschnellen am Ausgang der Schlucht.

Das Pivot-Rumpf-Design: ungeheuer reaktionsfreudig.

Aber woher kommt er nun, der Fun-Faktor dieses neuen Boots? Beginnen wir mit dem Pivot-Rumpf-Design. Ich schätze, daher hat der ReactR seinen Namen. Das Kajak ist ungeheuer reaktionsfreudig auf dem Wasser – man kann sofort die Richtung ändern, und es macht genau das, was man will. Ich genieße das auf den einfacheren Abschnitten, weil es mir einfach Spaß macht, in einen Strudel zu springen, das Kajak zu drehen und mit viel Geschwindigkeit wieder herauszukommen.
Eine der hervorstechendsten Eigenschaften des ReactR ist es, den Bug über fast alles zu heben, ziemlich egal, was da kommt. Das ist auf gröberem Wildwasser sehr nützlich, hat aber auch seine Berechtigung bei ruhigeren Moves. Wenn man auf eine kleine Welle zusteuert, über die man mit dem Bug normalerweise nur schwer kommen würde und die dazu führen würde, dass man einen Schwall Wasser abbekommt, und dann einfach über die Welle hinweg reitet und auch noch eine Art Geschwindigkeitsschub mitnehmen kann,, dann ist das wahnsinnig befriedigend.
Mein erster Eindruck vom Kajak war daher: Egal, auf welchem Gewässer ich es paddeln würde, eine riesige Portion Spaß wäre immer dabei – so dass ich, egal wie das Wildwasser auch beschaffen sein sollte, den Fluss mit Freude verlassen würde.

Foto: J. Haines

Innere Werte

Im Folgenden möchte ich schildern, wie ich mein Kajak eingerichtet habe. Aber eines muss ich voraus schicken: Die neue Elite-Ausrüstung von Pyranha, eine enorm bequeme und bestens einstellbare Ausstattung, sollte unbedingt an Bord sein!
Beginnen wir mit den Hüftpolstern an. Dort befindet sich ein bislang nur wenig beworbenes Feature: Hinter den Hüftpolstern befindet sich ein Schaumstoffblock, der das Aufkleben von zusätzlichem, selbst angefertigtem Schaumstoff an der Seite des Sitzes sehr viel einfacher macht und dafür sorgt, dass das Hüftpolster seine ursprüngliche Form für maximalen Komfort behält.
Die nächste und wahrscheinlich größte Änderung ist das Rückengurtsystem. Die Elite-Ausrüstung arbeitet mit einem Zugband, aber im Gegensatz zu vielen anderen Kajaks zieht man in einer viel natürlicheren Art und Weise am Seil, was wiederum die Verriegelung des Seils an der Klampe viel einfacher macht, da man nicht mehr vollständig gestreckt ist. Bei mir hat sich das Rückenband beim Paddeln auf Wildwasser der Klasse fünf noch nie gelöst, so dass ich jetzt ein leicht verstellbares und sehr zuverlässiges Rückenband habe, was meiner Meinung nach sehr wichtig ist.
Auch die Sitzposition lässt sich einfacher als je zuvor einstellen. Man braucht nur eine Radmutter zu entfernen, um den Sitz in fünf verschiedene Positionen zu bringen und die ideale Einstellung zu finden. Für mich persönlich ist der Sitz einen Platz hinter der vordersten Position eingestellt. Ich wiege 84 Kilogramm und gehe davon aus, dass ich so die beste Balance erreicht habe zwischen dem Anspruch, das Heck des Kajaks frei zu halten, und andererseits nicht zu weit vorne zu sitzen, so dass ich meinen Bug immer noch leicht anheben und über alles Mögliche hinweg bügeln kann.
Schließlich gibt es noch die neuen, verstellbaren Schenkelhalter. Mit dem neuen Design kann man sie ganz einfach an die eigenen Vorlieben anpassen. Ich mag es, wenn sie etwas weiter vorne sitzen und sich so weit wie möglich um meine Oberschenkel legen. Das gibt mir eine solidere Position im Kajak und ermöglicht es mir, das Kajak leicht auf dem Fluss zu manövrieren.

Die harte Tour

Kommen wir als nächstes dazu, wie sich der ReactR auf härterem und schwierigerem Wildwasser verhält. Zu diesem Zweck werde ich beispielhaft zwei Flüsse mit unterschiedlichen Eigenschaften anführen.
Zuerst geht es mir um großvolumiges Wildwasser, und mein Beispiel dafür ist die Mittlere Oetz – ein hektisches Stück Wildwasser vom Anfang bis zum Ende, mit allen Arten von verschiedenen Stromschnellen. Ich bin mir sicher, dass viele Leute Bedenken haben könnten wegen des Heck-Designs und der Gefahr eines back-loopings, wenn man durch ein großes Loch fährt. Ich kann versichern, dass nichts davon der Fall ist. Obwohl der ReactR aussieht, als hätte er die Eigenschaften eines Half Slice mit wenig Volumen im Heck, ist er immer noch ein Creek-Boot mit genügend Volumen im Hinterteil, um Vertrauen einzuflößen, wenn man härteres Wildwasser fährt. Ich habe festgestellt, dass ich, wenn ich auf ein Loch zukomme, den Bug leicht auf die Welle heben kann, und dann schaltet er auf die zweite Gleitfläche am Heck des Kajaks um, die mich hoch und über das Loch und auf den nächsten Move zu beschleunigt.
Zusätzlich zu den beiden Gleitflächen hat der ReactR Seitenwände am Heck, die es dem Paddler ermöglichen, das Heck beim Paddeln frei zu halten. Das ist sehr nützlich, wenn man auf hektischen Flüssen wie der Mittleren Ötz unterwegs ist, wo es viele Querströmungen gibt. Die Möglichkeit, den Winkel des Kajaks anzupassen, ohne dass das Heck von der Strömung blockiert wird, macht die Ausführung von Manövern auf solchen Flüssen viel einfacher!
Ich hatte noch keine Gelegenheit, den ReactR an Wasserfällen über zwölf Meter zu testen, aber bei Wasserfällen bis zu dieser Höhe funktioniert er hervorragend. Als Beispiel dienen mir die Tora Bora-Wasserfälle in Norwegen, weil es dort eine Mischung aus verschiedenen Stilen gibt. Der erste ist mit Sicherheit der schwierigste, mit einem harten Lead-in und einem fiesen Pool am Grund. Eine großartige Eigenschaft des ReactR ist es, dass ich mir trotz des tückischen Wassers an der Lippe keine Sorgen machen musste, dass er herum geschubst wird, weil man ihn dank der Pivot-Rumpf so frei und einfach auf dem Wasser bewegen kann.
Als es zum eigentlichen Drop kam, musste ich nur noch ziehen und war problemlos durch. Obwohl ich nicht die sauberste Linie hatte, war das unberechenbare Wasser im Pool kein Problem, weil der Rumpf so breit ist und ich stets die Kontrolle darüber hatte, wohin ich fuhr.
Der letzte Wasserfall ist der größte – mit einer Höhe, bei der eine Landung im 45-Grad-Winkel einer völlig flachen Landung vorzuziehen ist. Natürlich hat das Wasserfall-Kajakfahren viel mit der eigenen Erfahrung zu tun. Je mehr man das praktiziert, desto besser kann man sein Kajak in der Luft kontrollieren, aber was den ReactR in erster Linie auszeichnete, war sein Verhalten, als er unten auf dem Wasser aufschlug. Die vordere Gleitfläche gab mir bei der Landung viel Stabilität und ermöglichte dann einen sanften Übergang zum Heck, der mich zusammen mit einigen gezielten Paddelschlägen vom Drop weg in den ruhigeren Teil des Pools brachte.

Größenfrage

Pyranha stellt den ReactR in drei verschiedenen Größen her. Ich habe mich für die mittlere entschieden, und zwar aus mehreren Gründen. Erstens war ich schlicht und ergreifend äußerst gespannt auf den ReactR, und der Medium war der erste, den ich in die Finger bekam! Wie bereits erwähnt, wiege ich 84 Kilogramm, bewege mich also genau in der Mitte der Gewichtsklasse des ReactR Medium. Ich denke, dass ich damit die beste Kontrolle über das Kajak habe; es schwimmt immer noch hoch genug, so dass es sich auf dem Wasser frei anfühlt, und ich kann es leicht auf dem Fluss hin und her werfen, immer so wie ich will.
Dennoch wird es Tage auf dem Fluss geben, an denen ich eine zusätzliche Kameraausrüstung oder Übernachtungsgepäck mitnehmen möchte, und in solchen Fällen würde ich wohl eher zum Large tendieren. Ich bin zwar auf der leichteren Seite der Paddler-Gewichtsskala beim ReactR Large, aber wegen des zusätzlichen Gewichts meiner Ausrüstung und der Art und Weise, wie das Kajak konstruiert ist, weiß ich, dass ich immer noch in der Lage sein werde, da draußen genauso viel Spaß zu haben und alle Konstruktionsmerkmale optimal zu nutzen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Es spielt keine Rolle, ob man mit dem ReactR seine Grenzen auf Wildwasser der Klassen vier und fünf ausloten will oder ob man gerade erst mit dem Paddeln begonnen hat und seine Fähigkeiten auf einem heimischen Fluss verbessern möchte – der ReactR macht’s in jedem Fall möglich. Und verspricht dabei jede Menge Fahrfreude.

Technische Daten \
Pyranha ReactR

Material: PE
Größen: S, M, L
Länge: 271 cm (S), 273 cm (M), 276 cm (L)
Breite: 68 cm (S), 70 cm (M), 71 cm (L)
Gewicht: 22 kg (S), 23 kg (M), 25 kg (L)
Volumen: 306 l (S), 325 l (M), 348 l (L)
Cockpitluke: 86,5 x 50 cm (S), 91 x 52 cm (M), 91 x 53 cm (L)
Paddlergewicht: 55-75 kg (S), 70-95 kg (M), 85-125 kg (L)
Farben: cotinga blue, rosella red (Wunschfarbe gegen Aufpreis möglich)
Preis: ab 1795,- Euro
Infos: www.pyranha.com