Interview Szene

Jeden Tag neue Herausforderungen

Die Firma Out-Trade hat 20. Geburtstag gefeiert. Was in einer Garage begann, hat sich zu Deutschlands bedeutendstem Faltboot-Spezialisten entwickelt. Aus diesem Anlass hat das KANU Magazin mit Firmenchef Steffen Sator gesprochen – und ihn gebeten, 20 Satzanfänge zu vollenden.

großes Foto: Wilfried Feder

Der Grundgedanke bei der Out-Trade-Gründung war …
… an sich recht simpel: Auf der Suche nach einem leichten, gut transportierbaren, sportlichen und bezahlbaren Faltboot stellten wir fest, dass es das so damals nicht gab. Entweder waren die vorhandenen Boote schwer und eher altbacken oder leicht und moderner, aber dann unbezahlbar. Als Student war der Geldbeutel klein, aber die Motivation groß. Wir entdeckten, dass es für eine solche Art Faltboot hierzulande einen richtigen Markt gibt. Dann kam eines zum anderen …

Wenn ich an die Anfänge von Out-Trade zurückdenke, dann …
… ist es vor allem verrückt, wie schnell die Zeit vergeht! Dazu wundere ich mich immer wieder, was für ein immenses Pensum man fahren konnte, als man 20 Jahre jünger war. Wir haben wirklich viel Zeit und Herzblut in die Firma gesteckt – Sieben-Tage-Wochen mit Arbeit bis spät in die Nacht waren keine Seltenheit. Ich bin heute nicht mit weniger Leidenschaft dabei, aber sicherlich wohldosierter und familienverträglicher, womöglich auch mit weniger Raubbau an einem selbst. An sich erinnere ich mich aber sehr gerne an die Anfangsjahre unseres Unternehmens.

»Die gleiche Leidenschaft wie am Anfang«: Out-Trade-Chef Steffen Sator.

Die größten Unterschiede bei Out-Trade von damals zu heute sind…
Nun, wir waren am Anfang viel weniger Leute und haben uns gefreut wie die Schneekönige, als wir den Vertrieb des amerikanischen Herstellers Pakboats in Europa übernehmen durften. Anfangs aus der Garage heraus. Kurz darauf konnten wir bei Triton unsere erste eigene Kleinserie in Produktion geben. Das war schon richtig was. Heute haben wir an unserem Stammsitz in Ulm ein hervorragendes Team sitzen, entwickeln seit Jahren unsere eigenen Boote und Produkte und haben mit nortik, Triton advanced und Pakboats drei sehr starke Marken aufgebaut, mit denen wir alles aus einer Hand anbieten können. Wir setzen vollständig auf den Fachhandel und beliefern über 100 Händler in ganz Europa. Die Produktion läuft auf drei verschiedenen Kontinenten, sprich in Europa, Asien und Nordamerika mit einer Menge an Manpower. Das ist natürlich nicht vergleichbar mit dem Status quo von vor zwei Jahrzehnten – und täglich eine spannende Aufgabe, die nie langweilig wird.

Und immer noch so wie damals ist …
… (lacht) ganz sicher die Leidenschaft, mit der nicht nur ich, sondern alle unsere Mitarbeiter sich jeden Tag ins Zeug legen. Wir haben ein tolles Team, das respektvoll, mit hohem Einsatz und viel Freude an der Sache arbeitet. Ich denke, dass der Wille, dem Kunden genau das Richtige anbieten zu können, ein wichtiges Element bei uns ist. Dazu die Lust, immer wieder Neues zu erfinden oder Bestehendes weiterzuentwickeln.

Der Fachhandel ist für euch …
… unser wichtigster Partner. Wir arbeiten mit sehr vielen, ganz unterschiedlichen Fachhändlern in ganz Europa zusammen. Wir sehen darin den besten Weg, die Produkte sinnvoll und nachhaltig zum Kunden zu bringen. Eine vernünftige Beratung vor Ort, im Idealfall die Möglichkeit, sein Wunschboot auszuprobieren, und jemand, der mit Rat und Tat zur Seite steht, falls mal etwas nicht so läuft, wie es sein sollte. Diese Komponenten sind aus unserer Sicht eine ganz entscheidende Säule unseres Erfolgs.

Mein einschneidendstes Erlebnis in der Firmengeschichte war …
… Puh! Da gibt es wirklich zu viele. Ich sage oft: Irgendwann schreibe ich mal ein Buch, sonst glaubt einem das keiner, was man als Unternehmer so erlebt. Am präsentesten sind natürlich die Pandemie und der Krieg in der Ukraine. Es bleibt zu hoffen, dass man – im wahrsten Sinne des Wortes – irgendwann mal wieder annährend in etwas ruhigeres Fahrwasser kommt. Das wünsche ich uns allen.

20 Jahre erfolgreich hinter sich gebracht! Da fühlt man sich …
… wie immer, um ehrlich zu sein. Natürlich ist man in einer ruhigen Minute auch mal stolz auf das Geschaffene und dankbar, dass alles immer so erfolgreich verlaufen ist und dass es hoffentlich auch weiterhin so bleibt. Aber jeder Tag bringt neue Herausforderungen, jeden Tag geht es von vorne los, und man muss viel dafür tun. Von nix kommt nix, wie man so sagt.

Das Erfolgsrezept der scubis ist bis heute …
…die Kombination aus kleinem Packmaß, unkompliziertem Handling und einer richtig guten Performance.

Die Erfindung der Hybrid-Kajaks, also der scubi-Technologie, war für Out-Trade …
… ein wichtiger Meilenstein. Ein Gedanke, der abends nach ein paar Bierchen entstand, wurde zu einer richtigen Erfolgsgeschichte. Wie auch viele andere Innovationen, die wir im Laufe der Jahre entwickelt haben, sind die scubis aus unserem Sortiment nicht mehr wegzudenken und ein ganz fester Bestandteil des Unternehmens.

Der Aufbau eines scubi 1 XL verhält sich zu dem eines nortik navigator wie …
… Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Das sind zwei ganz unterschiedliche Produkte, die aber auch die Spannweite unseres Sortiments zeigen. Ein scubi wird gerne auch nur für ein paar Runden auf dem Wasser aus der Tasche geholt. Ein navigator ist ein expeditionstaugliches Kajak, gerne auch für große Unternehmungen, mit einem ganz anderen Anspruch.

Das Fahrverhalten eines scubi 1 XL verhält sich zu dem eines nortik navigator wie …
… auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, aber auch das ist nicht sinnvoll vergleichbar. Ein kompaktes Freizeitboot mit zwölf Kilogramm Gewicht und einem kleinen Packmaß mit einem über fünf Meter langen Seekajak zu vergleichen, das wie am Schnürchen gezogen geradeaus fährt, ist kaum möglich. Aber: Ich kenne viele Kunden, die beide Arten von Kajak besitzen. Das eine für den Urlaub oder die Feierabendrunde, das andere für die Mehrtagestour auf offenem Gewässer mit allem, was dazu gehört.

Dass der Aufbau eines Bootes mit hohem Gestänge-Anteil manchmal etwas Übung erfordert, ist mir schon klar. Aber …
… mit etwas Übung steht jedes Faltboot innerhalb von 20 bis 30 Minuten. Gleichzeitig ist bei klassischen Faltbooten eher die Ganz- oder Mehrtagestour im Fokus. Da spielen aus meiner Sicht ein paar Minuten mehr oder weniger beim Aufbau am Ende keine Rolle.

Noch einfacher im Handling als die scubis sind nur die Packrafts. Deren Vor- und Nachteile …
… bestehen in unheimlich leichtem Gewicht, ab zwei Kilogramm. Superkleinem, rucksacktauglichem Packmaß. Extrem robustem Hochleistungsmaterial. PackRafts sind eine richtig schöne Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten und eröffnen zum Beispiel beim Wandern ganz neue Kombinationen mit Etappen auf dem Wasser. Aber etwas Fließgewässer unter dem Hintern sollte man haben, damit es auch Spaß macht.

Origami-Kajaks zum Zusammenfalten aus einem Stück – das Praktische an den nortik fold-Modellen ist …
… dass sie tatsächlich aus einer einzigen Platte bestehen, die man im Origami-Stil zu einem Kajak faltet und auch wieder auseinander. Eine Art Festboot zum Falten. Geht schnell, hat wenig Einzelteile und sieht dazu noch so ansprechend aus,
dass es dauerhaft im Designmuseum X-Depot der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne in München ausgestellt wird.

Am Erbacher See geht jeden Frühling das Out-Trade-Testwochenende über die Bühne.

Das Pakayak – ein Festboot zum Zusammenstecken. Das fanden wir reizvoll, weil …
… es das einzige PE-Boot weltweit ist, das komplett in sich stapelbar ist. Wie so eine Art Matroschka-Prinzip passt ein Teil in das andere, bis das ganze Kajak in einem Packsack steckt.

Ein Grundprinzip bei unseren Booten ist, dass …
… ein Boot in einer Packtasche Platz finden muss. Unsere Kajaks und Canadier sollen wirklich Reiseboote und portabel sein. Ein Kajak, das mehrere Taschen benötigt, ist für uns nicht zeitgemäß.

Zwei Wochen Seekajak mit Expeditionscharakter entlang der schwedischen Küste. Das Boot meiner Wahl dafür …
… war vor einigen Jahren exakt dort das Triton Ladoga 1 advanced bei meiner Frau und der nortik navigator bei mir. Würde ich so wiederholen.

Die Corona-Pandemie war für uns …
… zunächst mal eine Schockstarre. Dann aber haben wir gemerkt, dass es auf einmal eine höhere Nachfrage nach unseren Produkten gab. Klar, man kann mit einem Reiseboot auch ideal vor der Haustüre »Urlaub machen«. In Zeiten des Lockdowns war das für viele eine gute Möglichkeit, raus zu kommen und aktiv zu sein. Der Riesenvorteil von unseren Booten ist, dass man sie in normalen Zeiten perfekt weiter nutzen, mit auf Reisen, in den Urlaub nehmen kann. Ich denke, dass durch die Lockdowns und Reisebeschränkungen viele neue Leute zum Wassersport gefunden haben. Gleichzeitig spüren wir bis heute die Nachwirkungen wie zum Beispiel Rohstoffknappheiten und gestiegene Preise.

Wenn ich an die nächsten Jahre denke, dann …
… möchten wir noch umweltfreundlicher produzieren und unseren CO2-Abdruck weiterhin verkleinern. Die Abkehr von Verklebungen hin zu Verschweißungen, die nahezu vollständige Reparierbarkeit und Erhaltbarkeit der Produkte stehen bei uns im Fokus.

Und in Sachen neue Boote?
Produkttechnisch haben wir einiges auf der Agenda, aber da möchte ich nicht vorgreifen. Natürlich wünsche ich mir viele weitere erfolgreiche Jahre mit dem ganzen Team und allen, die dazu gehören. Ich hoffe, dass diese Reise noch lange weitergeht.

Infos: www.faltboot.de

Station der Firmengeschichte: die ehemalige Heinrich-Hammer-Werft.

Meilensteine der Out-Trade-Geschichte

2002: Firmengründung. Der Startschuss fällt mit dem Import und dem Verkauf einiger Kajaks des Typs Ladoga 2 des Herstellers Triton advanced. Die Keimzelle des späteren Großhändlers ist eine Garage unweit von Ulm. Erster Messeauftritt auf der Interboot in Friedrichshafen am Bodensee.

2004: Die Garage reicht nicht mehr, Out-Trade zieht in eine Fabrikhalle – und wenig später in die ehemaligen Produktionshallen der Heinrich Hammer-Faltbootwerft in Erbach.

2007: der nächste Umzug – raus aus dem Industrie-Ambiente in ein helles, freundliches Gebäude mit Glasfront in einem Ulmer Gewerbegebiet. Ausstellung, Lager und Büroräume unter einem Dach auf üppigen 1000 Quadratmetern – laut Firmenchef Steffen Sator heute »gerade so ausreichend«.

2008: Gründung der Eigenmarke nortik. Unter diesem Dach Entwicklung der sogenannten »Hybridtechnik«, also Faltbooten mit relativ hohem Luftanteil aber wenig Gestänge für die nötige Steifigkeit und gute Fahreigenschaften.

2019: Übernahme der Firma Pakboats. Mit dem »Matroschka«-Kajak Pakayak Bluefin 14 gesellt sich der neueste Spross zum Sortiment.

Heute: Out-Trade ist Hersteller und Großhändler in einem – und bei den faltbaren Reisebooten Platzhirsch in Europa. Das Sortiment umfasst zum einen die Boote der Eigenmarke nortik: fünf scubi-Modelle, drei klassische, expedititionstaugliche Faltboote, acht Packrafts und zwei Origami-Kajaks. Dazu kommen vier Faltkajaks und ein Faltcanadier der Firma Triton advanced sowie drei Faltkajaks und vier Faltcanadier der Firma Pakboats, außerdem das Pakayak Bluefin 14. Macht summa summarum über 30 verschiedene Modelle, von denen Out-Trade über sein Fachhändlernetz jährlich zwischen 3500 und 4500 Boote vertreibt. Das Bootsangebot wird ergänzt durch eine umfangreiche Zubehörpalette, darunter das nortik kayak sail sowie Paddel der Eigenmarke nortik, von Accent, Cannon und Pakboats. Die Produktionsstätten liegen in Europa, Asien und den USA – aber das Herz der Firma schlägt nach wie vor im süddeutschen Ulm, dort wo alles vor 20 Jahren in einer Garage seinen Anfang nahm.